Shifting Baselines bezieht sich auf die schleichende Veränderung der Wahrnehmung über Zeit hinweg, bei der jede neue Generation die „Baseline“ oder Ausgangslage der Umwelt als normal und akzeptabel betrachtet, selbst wenn sie sich im Vergleich zu vorherigen Generationen verschlechtert hat. Dies führt dazu, dass Umweltveränderungen schleichend und unbemerkt bleiben, da die Wahrnehmung der Normalität schrittweise angepasst wird. Der Begriff wurde ursprünglich in der Fischereiwissenschaft geprägt, um die Tendenz von Fischern zu beschreiben, sich an sinkende Fischbestände anzupassen, ohne die langfristigen historischen Veränderungen zu berücksichtigen.
Merkmale von Shifting Baselines:
- Graduelle Verschiebung: Shifting Baselines sind durch eine allmähliche Verschiebung der Wahrnehmung gekennzeichnet, bei der jede neue Generation die aktuelle Situation als Normalität akzeptiert, auch wenn sie sich im Vergleich zur Vergangenheit verändert hat.
- Verlust von Referenzpunkten: Durch Shifting Baselines gehen historische Veränderungen, Trends, Referenzpunkte und Erinnerungen an vergangene Zustände verloren, da jede Generation nur die Bedingungen wahrnimmt, die sie selbst erlebt hat, und nicht den vollen Kontext der Vergangenheit kennt. Dies macht es schwierig, die langfristigen Veränderungen der Umwelt zu erkennen und zu verstehen.
- Wahrnehmung von Normalität: Langsame oder schleichende Umweltveränderungen werden oft als normal oder natürlich wahrgenommen, weil sie allmählich auftreten und von den Menschen als die Realität akzeptiert werden, mit der sie aufgewachsen sind, ohne dass sie die vorherigen Zustände kennen.
- Risiko der Akzeptanz von Degradation: Shifting Baselines können dazu führen, dass Menschen Umweltdegradierung oder -schäden akzeptieren oder sogar ignorieren, weil sie die ursprünglichen Zustände nicht kennen und daher keine Vergleiche anstellen können.
- Verzerrte Wahrnehmung von Erholung: Wenn sich Umweltbedingungen verbessern, aber immer noch schlechter sind als in früheren Jahrzehnten oder Jahrhunderten, können Menschen dies als Erfolg betrachten, ohne den vollen Umfang der vorangegangenen Verluste zu erkennen.
Beispiele für Shifting Baselines:
- Fischbestände: Fischer könnten sich auf die Menge an Fischen konzentrieren, die während ihrer eigenen Lebenszeit verfügbar sind, ohne den Rückgang der Fischbestände im Laufe der Jahrzehnte oder Jahrhunderte zu berücksichtigen.
- Artenvielfalt: Menschen könnten eine bestimmte Anzahl von Arten in einem bestimmten Lebensraum als normal oder ausreichend betrachten, ohne die ursprüngliche Artenvielfalt zu kennen, die dort existierte, bevor Lebensraumverluste oder Artenaussterben auftraten.
- Umweltverschmutzung: Menschen könnten sich an eine bestimmte Ebene der Umweltverschmutzung in ihrer Umgebung gewöhnen und sie als normal oder akzeptabel betrachten, ohne zu erkennen, dass diese Ebene im Laufe der Zeit zugenommen hat.
- Klimaveränderungen: Eine Generation könnte sich an bestimmte Wetterereignisse oder Klimabedingungen gewöhnen und sie als normal betrachten, ohne zu erkennen, dass sich das Klima im Laufe der Zeit erheblich verändert hat.
Shifting Baselines verdeutlicht die Notwendigkeit, die historische Perspektive in Umweltfragen zu berücksichtigen und die Veränderungen im Laufe der Zeit zu verstehen, um angemessene Maßnahmen zum Schutz und zur Wiederherstellung der Umwelt zu ergreifen.