Postwachstums-Ökonomie

Die Postwachstums-Ökonomie ist ein wirtschaftliches Paradigma, das darauf abzielt, vom traditionellen Wirtschaftswachstum abzurücken und alternative Entwicklungsmodelle zu erforschen, die die Umwelt schützen, soziale Gerechtigkeit fördern und das Wohlergehen der Menschen verbessern, ohne dabei auf unendliches materielles Wachstum zu setzen.

Im Zentrum steht die Idee, dass endloses wirtschaftliches Wachstum auf einem begrenzten Planeten nicht nachhaltig ist und langfristig zu ökologischen Krisen, sozialer Ungleichheit und Ressourcenknappheit führt. Stattdessen strebt die Postwachstums-Ökonomie nach einem qualitativen Wandel in der Wirtschaft, der auf suffizienten Konsum, soziale Kooperation, ökologische Stabilität und Lebensqualität ausgerichtet ist.

Hier sind einige Merkmale für die Postwachstums-Ökonomie:

  1. Degrowth: Degrowth (Entwachstum) ist ein zentraler Begriff in der Postwachstums-Ökonomie, der darauf abzielt, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Hauptziel wirtschaftlicher Politik durch alternative Indikatoren wie Lebensqualität, soziale Gerechtigkeit und Umweltqualität zu ersetzen.
  2. Suffizienz: Suffizienz bezieht sich auf das Konzept der genügsamen Lebensweise, bei dem der Fokus auf dem, was wirklich zählt für das Wohlbefinden und die Zufriedenheit der Menschen, liegt, anstatt auf grenzenlosem Konsum.
  3. Subsistenz: Subsistenzwirtschaft betont die Bedeutung der Selbstversorgung und lokaler Produktion, um die Abhängigkeit von globalen Märkten zu reduzieren und die lokale Widerstandsfähigkeit zu stärken.
  4. Gemeinwohlökonomie: Gemeinwohlökonomie legt den Schwerpunkt auf die Förderung von Werten wie Solidarität, Kooperation und Gemeinwohlorientierung in der Wirtschaft, anstatt ausschließlich auf Gewinnmaximierung.
  5. Ökologische Nachhaltigkeit: Die Postwachstums-Ökonomie strebt nach ökologischer Stabilität und Resilienz durch eine nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen, die Reduzierung von Umweltbelastungen und die Förderung eines harmonischen Gleichgewichts zwischen Mensch und Natur.

Beispiele für die Postwachstums-Ökonomie:

  • Gemeinwohlökonomie: Unternehmen, die sich der Gemeinwohlökonomie verpflichten, legen ihren Fokus auf soziale und ökologische Verantwortung, indem sie fair entlohnen, umweltfreundlich produzieren und dem Gemeinwohl dienen.
  • Sharing Economy: Die Sharing Economy fördert den gemeinsamen Zugang zu Ressourcen und Dienstleistungen, anstatt sie zu besitzen, was zu einer effizienteren Nutzung von Ressourcen und einer Reduzierung des Konsums führt.
  • Transition Towns: Transition Towns sind lokale Gemeinschaften, die sich aktiv für eine nachhaltige und resiliente Zukunft engagieren, indem sie lokale Initiativen zur Förderung von erneuerbaren Energien, nachhaltiger Landwirtschaft, lokaler Produktion und gegenseitiger Unterstützung entwickeln.
  • Repair Cafés: Repair Cafés sind lokale Treffpunkte, an denen Menschen defekte Gegenstände reparieren können, anstatt sie wegzuwerfen und zu ersetzen, was dazu beiträgt, Abfall zu reduzieren und Ressourcen zu schonen.
  • Kreislaufwirtschaft: Die Kreislaufwirtschaft zielt darauf ab, den Verbrauch von Ressourcen zu minimieren, indem Produkte und Materialien wiederverwendet, recycelt und regeneriert werden, um einen geschlossenen Kreislauf von Produktion und Konsum zu schaffen.

Die Postwachstums-Ökonomie bietet alternative Perspektiven und Ansätze für eine nachhaltige und gerechte Entwicklung, die die Grenzen des traditionellen Wirtschaftswachstums in Frage stellen und nach neuen Formen des Wirtschaftens streben, die im Einklang mit den ökologischen Grenzen des Planeten stehen. Sie kann dazu beitragen, ökologische Krisen wie Klimawandel, Artensterben und Ressourcenknappheit anzugehen, indem sie die Grundlagen des gegenwärtigen Wirtschaftssystems hinterfragt und alternative Modelle fördert, die die Umwelt schützen und das Wohlergehen der Menschen verbessern.

Die Postwachstums-Ökonomie bietet eine Vision für eine gerechtere und nachhaltigere Zukunft, die auf Kooperation, Solidarität und Gemeinwohlorientierung basiert, und kann dazu beitragen, den Übergang zu einer resilienten und lebenswerten Gesellschaft zu unterstützen.

Die Postwachstums-Ökonomie als Begriff entwickelte sich im Laufe der Zeit aus verschiedenen Strömungen der Wirtschafts- und Umweltbewegungen sowie aus dem Diskurs über ökonomische Nachhaltigkeit und alternative Entwicklungsmodelle. Verschiedene Denkerinnen und Denker, Aktivistinnen und Aktivisten sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu beigetragen, die Ideen und Konzepte der Postwachstums-Ökonomie zu formen und zu popularisieren, unter anderem:

  • Serge Latouche: Der französische Ökonom Serge Latouche prägte den Begriff „Entwachstum“ (Développement) und gilt als einer der Vorreiter der Postwachstumsbewegung. Er kritisiert das bestehende Wirtschaftsmodell des unendlichen Wachstums und plädiert für eine radikale Umkehrung der Wachstumslogik.
  • Tim Jackson: Der britische Ökonom Tim Jackson ist bekannt für sein Buch „Wohlstand ohne Wachstum“, in dem er argumentiert, dass unendliches Wirtschaftswachstum auf einem begrenzten Planeten unmöglich ist und alternative Modelle für wirtschaftlichen Fortschritt erforderlich sind.
  • Niko Paech: Der deutsche Ökonom Niko Paech ist ein prominenter Vertreter der Postwachstumsbewegung und Befürworter von Entschleunigung und Suffizienz. Er fordert eine Reduktion des materiellen Konsums und eine Rückkehr zu lokalen, ressourcenschonenden Wirtschaftsweisen.
  • Club of Rome: Der Club of Rome ist eine internationale Vereinigung von Wissenschaftlern, Politikern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die sich mit globalen Herausforderungen wie Umweltschutz, Ressourcenknappheit und nachhaltiger Entwicklung beschäftigt. Das 1972 veröffentlichte Buch „Die Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome hatte einen bedeutenden Einfluss auf die Diskussion über die Notwendigkeit einer Postwachstums-Ökonomie.
  • Postwachstums-Institute: Verschiedene Forschungsinstitute und Think Tanks, darunter das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) in Deutschland und das Center for the Advancement of the Steady State Economy (CASSE) in den USA, befassen sich mit der Erforschung und Förderung von postwachstumsorientierten Ansätzen und Politiken.

Insgesamt ist die Postwachstums-Ökonomie das Ergebnis eines breiten und vielfältigen Diskurses über die Grenzen des traditionellen Wirtschaftswachstums und die Notwendigkeit alternativer Entwicklungsmodelle, die im Einklang mit den ökologischen und sozialen Grenzen des Planeten stehen.

What are your feelings
Creative Commons

Creative Commons-Lizenz BY-NC-SA

Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Nicht-kommerziell – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.

This work is licensed under a Creative Commons Attribution-NonCommercial-ShareAlike 4.0 International License.